An die
Stadtgemeinde Deutsch-Wagram
Bürgermeister Friedrich Quirgst
Bahnhofstraße 1a
2232 Deutsch-Wagram
Deutsch-Wagram, 2008-05-07
Betreff: Auskunftsersuchen gemäß NÖ Auskunftsgesetz; Abschluss einer Vereinbarung zur Aufführung eines Musicals „Napoleon“
Sehr geehrter Herr Bürgermeister!
Zur Klärung einiger aufgetauchter Fragestellungen zu aufklärungsbedürftigen Sachverhalten, erlauben wir folgende Anfrage zu stellen:
Es geht hierbei um einen Vorwurf, der von Bürgermeister Quirgst persönlich vor dem Beratungsgremium zur Beschlussfassung des Nachtragsvoranschlags eingestanden wurde.
VORWURF der unterfertigten Gemeinderatsmitglieder
Der Vorwurf, welcher aufzuklären ist, stammt aus eigenen Aussagen des betroffenen Bürgermeisters. Es ist schlicht ungeheuerlich und wir denken, die politische Hygiene in unserer Gemeinde erfordert es, dass wir uns mit diesem Vorwurf in aller Ruhe auseinandersetzen. Die Vorgeschichte ist bekannt. Entsprechend einer Empfehlung des zuständigen Ausschusses vom 17.4.2007 sowie des Stadtrates vom 24.4.2007 wurde vom Gemeinderat in der Sitzung vom 21.6.2007 (siehe Beilage) der einstimmige Grundsatzbeschluss zur Aufführung – des eigens für diesen Anlass produzierten Musicals „Napoleon“ von Hannes Wiesinger und Johannes Grill im Gedenkjahr 2009 (200 Jahre Schlacht bei Wagram) – gefällt. Entsprechend der Natur als „Grundsatzbeschluss“ wurden hierbei weder Kosten genannt, noch ein Zeit- bzw. Spielplan bestimmt, noch anderweitige Verpflichtungen der Stadtgemeinde Deutsch-Wagram durch den Gemeinderat festgelegt. Der Beschluss enthält vor allem keine Honorarzusage, da diese erst, nach Prüfung der Sparsamkeit bzw. Wirtschaftlichkeit, in einer eigenen Gemeinderatsitzung beschlossen hätte werden sollen/müssen.
Nachdem fast ein Jahr vergangen war und in einer anderen Angelegenheit eine Gremiumssitzung zur Beschlussfassung eines Nachtragsvoranschlags am 05.05. 2008 abgehalten wurde, wurde von den, für den Vollzug Verantwortlichen – Bgm. Friedrich Quirgst und GR. Friedrich Ziehfreund – den erstaunten, anwesenden Gemeindevertretern eröffnet, dass diese – ohne gesetzliche Deckung und ohne Beschlussfassung des Gemeinderates – am 21.11.2007 eine Vereinbarung zur Durchführung des Musicals „Napoleon“ für den Sommer 2009 mit Herrn Johann Wiesinger, 2211 Pillichsdorf schriftlich abgeschlossen hätten.
Nach Vorlage der rechtsgültig durch den Bürgermeister und den zuständigen Stadtrat (samt Gemeindesiegel) gefertigten Vereinbarung wurden (unter anderem) folgende Verpflichtungen für die Stadtgemeinde Deutsch-Wagram ersichtlich:
Gemäß Punkt 3 auf Seite 2 verpflichtet sich die Stadtgemeinde Deutsch-Wagram Herrn Johann Wiesinger für die Umsetzung des Musicals ein Budget von € 100.000,- zu Verfügung zu stellen. Folgende Teilbeträge müssen voraussichtlich zum jeweils angegebenen Zeitpunkt zur Verfügung stehen:
€ 10.000,- bis 31.3.2008
€ 30.000,- bis 30.6.2008
€ 60.000,- bis 30.6.2009
Gemäß Punkt 7 auf Seite 3 tritt die Stadtgemeinde Deutsch-Wagram als Veranstalterin des Musicals auf. Alle Rechnungen werden auf der Stadtgemeinde ausgestellt. Alle Verträge (mit KünstlerInnen, Technik, usw.), die das Projekt betreffen, werden mit der Stadtgemeinde abgeschlossen.
Unter Punkt 8 auf Seite 3 wird festgelegt, dass erster Ansprechpartner für ZAHLUNGEN wie auch für alle anderen das Projekt betreffenden Angelegenheiten seitens der Stadtgemeinde Herr Friedrich ZIEHFREUND ist.
Unter Punkt 11 verpflichtet sich die Stadtgemeinde Deutsch-Wagram, im Vorfeld der Aufführungen eine Audio-CD zu produzieren, die anlässlich der Vorstellungen verkauft werden soll. Hinsichtlich der diesbezüglichen Lizenzrechte ist bei Bedarf eine gesonderte Vereinbarung zu treffen.
Laut § 35 der NÖ Gemeindeordnung sind dem Gemeinderat Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde zur selbstständigen Erledigung vorbehalten.
Darunter fallen Angelegenheit der Vermögenswirtschaft sowie die Vergabe von Leistungen in einem die Wertgrenze des §36 Abs. 2 Z 2 übersteigenden Ausmaß, das sind € 41.000, zu beschließen. Da dieser Beschluss fehlt, hat der Bürgermeister widerrechtlich einen Vertrag abgeschlossen, dessen Abschluss in die Kompetenz des Gemeinderates fällt, und somit wissentlich in ungesetzlicher Kompetenzanmaßung den Gemeinderat hintergangen.
Angemerkt wird, dass der Bürgermeister in mehreren nachfolgenden Gemeindratsitzungen einen Gemeinderatsbeschluss erwirken hätte können.
Er hat dies wissentlich und absichtlich aber nicht getan, obwohl er aus weitaus unwichtigeren Gründen Gemeinderatssitzungen, oft auch kurzfristig einberufen hat. Anscheinend wollte er wissentlich mit dieser „Erinnerung aus der Vergangenheit“ nicht mehr konfrontiert werden.
Keine Bedeckung im Voranschlag bzw. Nachtragsvoranschlag gegeben
Obwohl seitens des Bürgermeisters gesetzwidriger weise bis zum März dieses Jahres kein Voranschlag dem Gemeinderat vorgelegt worden war, wurde dennoch bis zu diesem Zeitpunkt – somit vier Monate nach dem rechtswidrigen Abschluss der Vereinbarung – seitens des Bürgermeisters keine finanzielle Bedeckung vorgesehen. Anscheinend wieder aus demselben Grund, damit er sich nicht mit seiner „dunklen Vergangenheit“ auseinander setzen musste.
Der Grundsatzbeschluss des Gemeinderates vom 24.4.2007 ist nicht gleichlautend mit dem Vertrag vom 21.11.2007
Während der Grundsatzbeschluss des Gemeinderates vom 24.4.2007 auf Abschluss einer Vereinbarung mit Johann (Hannes) Wiesinger und Johannes Grill lautete, ist die Vereinbarung nur mehr lautend auf Johann Wiesinger. Es ist uns nicht ersichtlich, warum der Vertrag nicht mehr zusätzlich auf Johannes Grill lautete. Gibt es einen eigenen Vertrag mit Herrn Grill, welcher ebenfalls vom Bürgermeister ohne Rechtsgrundlage abgeschlossen wurde? So wäre die Vereinbarung sofort vorzulegen. Warum ist Herr Grill der Vereinbarung nicht beigetreten? Auch dies ist den Mitgliedern des Gemeinderates nicht bekannt. Ist durch das Ausscheiden von Herrn Grill die Vereinbarung nunmehr teurer oder billiger geworden? Auch hierzu liegen keine Informationen vor.
Insbesondere stellt sich die Frage, ob dem Vertragspartner Johann
Wiesinger der Eindruck vermittelt wurde, dass der Bürgermeister mit
Zustimmung der Gemeinde handelt.
Als demokratisch gewählte Vertreter der Bürger unserer Gemeinde ist es unsere höchste Pflicht, hier in diesem Gremium die Frage der politischen Verantwortung zu stellen. Daher ersuchen wir um erfüllende und ausreichende Beantwortung unserer Fragen innerhalb von 2 Wochen, andernfalls müssten wir weitreichendere Auskunftsmittel beantragen müssten.
Mit freundlichen Grüßen
STR Daniela Böckl e.h. GR Claudia Lauppert e.h. GR Sonja Rappl e.h.